Die Kartoffel in der industriellen Verwertung

Stärke:
27. Warum werden bioplastische Kunststoffe aus Kartoffelstärke nur in geringem Umfang verwendet?

Nach dem neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz wird die biologische Verrottbarkeit von Kunststoffen finanziell weniger belastet als die energetische Verwertung, was sich vor allem gegen Verpackungsmaterialien aus Verbundstoffen richtet. Kunststoffe aus homogenen fossilen Polymeren auf Erdölbasis, wie Polyäthylen und Polystyrol, sind jedoch als Wertstoffe höher als bioplastische Kunststoffe einzustufen, wenn sie sortenrein erfasst werden. Da Kunststoffe aus der Petrochemie gegenüber Kunststoffen aus Kartoffelstärke haltbarer, preiswerter und recyclingfähig sind, kommt der Einsatz von Bioplastik nur in Nischenbereichen infrage, z.B. wenn diese Produkte in der freien Natur eingesetzt werden und dort nach einer bestimmten Zeit ihren Zweck erfüllt haben, wie bei Einweggeschirr, Biofolien-Abfallbeuteln (s. Frage 28) und im Bestattungswesen.

Ohne den Nachweis einer flächendeckenden Entsorgung ist nach der "Verpackungsverordnung" das "Inverkehrbringen von Verpackungen" nicht erlaubt. Bislang wird diese Voraussetzung weder vom Dualen System Deutschland (DSD) erfüllt, das keine flächendeckende Erfassung für kompostierbare Verpackungen eingerichtet hat, noch von der "Biotonne", da erst die Hälfte der Haushalte über eine solche Komposttonne verfügen. Einer Sonderregelung, nach der biologisch abbaubare Verpackungen von der Nachweispflicht einer flächendeckenden Entsorgung freigestellt werden sollten, stimmte der Bundesrat, die Vertretung der Bundesländer, 1997 zunächst n i c h t zu. Diese Nachweispflicht hat sich somit als das größte Hindernis für eine breitere Markteinführung von Verpackungen aus bioplastischen Kunststoffen, wie z.B. verrottbare Joghurtbecher, erwiesen. Trotz dieser Hindernisse liegen Biokunststoffe im Trend. Das ergab 1998 eine Studie von Frost & Sullivan, Frankfurt/Main. Der wichtigste Zukunftsmarkt liegt dabei in der Verwendung von Kompostsäcken für organische Abfälle (s. Frage 28). Lag der Umsatz für Biokunststoffe in Europa 1994 erst bei 6,4 Mio. US-$, so rechnet das Marktforschungsunternehmen, ausgehend von 30 Mio. $ 1999, mit einem Umsatz von 73 Mio. $ im Jahr 2004, wovon zwei Drittel auf Kartoffelstärke entfallen wird.

Bedarf an thermoplastischer Stärke (TPS) in Europa in Tonnen/Jahr:

Kompostierbare Müllsäcke    380.000
Einwegartikel, Folienverpackungen    180.000
Hartverpackungen    150.000
Flaschen    130.000
Fastfood-Packungen    120.000
Landwirtschaftliche Folien      70.000
Windeln und Hygieneartikel      60.000
Pharmazeutische Verpackungen      50.000
Folienfassungen für Dosen        5.000
Gesamt 1.145.000

In Deutschland werden jährlich 2,7 Millionen Tonnen Kunststoffe für Verpackungen verwendet, die durch kompostierbare Stärkeprodukte ersetzt werden könnten. Die Entsorgungskosten für kompostierbare Kunststoffverpackungen liegen etwa bei 0,70 DM/kg i.Vgl. zu 3 DM/kg für recyclingfähige Kunststoffverpackungen (DSD).



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