Kartoffelgeschichte und -Geschichten

66. Was ist ein Kartoffeldetektiv?

"Nur Kartoffeln!",
stellte ein Rechtsanwalt erstaunt fest, als er den Terminzettel vor einem Sitzungssaal des Landgerichtes Lüneburg las. Hier wurden Vergehen gegen § 10 Sortenschutzgesetz verhandelt. Kartoffel- und andere Kulturpflanzensorten dürfen nur vom Sortenschutzinhaber oder einer von ihm beauftragten VO-Firma vertrieben werden. Bei Razzien gegen Sortenschutzverletzer, wie es in der Amtssprache heißt, gehen der Polizei Jahr für Jahr mehrere Landwirte und Händler ins Netz. Vorarbeit leisten hier Kartoffeldetektive, die von der Saatguttreuhandverwaltung GmbH in Bonn mit der Überprüfung des Pflanzkartoffelhandels beauftragt sind, wie z.B. Eberhard Steep. Bis 1987 war er Polizeibeamter und ergriff dann den attraktiveren Beruf des Kartoffeldetektivs bei der Tarnfirma Elliot & Werhahn in Hannover.

Ein Kartoffeln vermehrender Landwirt macht sich dadurch des Schwarzhandels verdächtig, dass er seiner VO-Firma (s. Kap. 4, Frage 4) Mengen an Pflanzgut andient, die in krassem Missverhältnis zu anerkannten Flächen stehen oder wenn er im Frühjahr, zur Pflanzzeit, per Zeitungsannonce, sortierte Kartoffeln mit Keimfähigkeitsgarantie offeriert. Anrüchig ist auch, wenn an einem Wochenende ein Zug Kartoffeln unterwegs ist, zu einer Zeit, in der die Geschäftsstellen von Landhandelsfirmen, die Pflanzkartoffeln abnehmen, gewöhnlich geschlossen sind.
Daher fährt Steep regelmäßig sonnabend- und sonntagabends, vor allem im März und April, kurz vor der Pflanzzeit, Kartoffelstreife. Verdächtige, mit Kartoffeln beladene Schlepperzüge werden von dem Detektiv autotelefonisch der nächsten Polizeidienststelle gemeldet. Mit Hilfe der Polizei wird der Zug angehalten und kontrolliert. Präsentieren sich die Kartoffeln in Pflanzgutsortierung, werden sie vorerst beschlagnahmt, bis der Landwirt eine plausible Erklärung für den Transport angeben kann.
Ist das nicht der Fall, muss er dem Züchter den Schaden durch entgangene Lizenzzahlungen ersetzen und erhält von der Saatguttreuhand eine Abmahnung, die ihn im Wiederholungsfall zur Zahlung eines Ordnungsgeldes von 50.000 DM verpflichtet. Beim Vertrieb von Pflanzkartoffeln gilt nämlich die "Festpreisbindung", ähnlich wie beim Vertrieb von Markenartikeln, Computerprogrammen und Büchern. Je Tonne Pflanzkartoffeln sind 80 bis 120 DM Lizenzgebühren an den Sortenschutzinhaber abzuführen.



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