Kartoffelgeschichte und -Geschichten

36. Welche Kartoffelrezepte kannte der "Alte Fritz" und welche Tischsitten empfahl er seinen Untertanen beim Kartoffelessen?

Der Preußenkönig Friedrich II., der Große (1740-86) schützte die Bauern nicht nur vor der Willkür der Gutsherren (sie sollten nur noch drei statt sechs Tage in der Woche für den Grundherrn arbeiten), begann nicht nur mit der Flurbereinigung, sondern veröffentlichte auch "Instruktionen, wie Tartoffeln anzubauen und mit Nutzen zu gebrauchen sind" (s. Frage 11). In ihnen ist u.a. nachzulesen, dass die Kartoffeln durch Dämpfen schmackhafter werden als durch Kochen. Zur Zubereitung schreibt der König in § V der Schrift:
"Der gemeine Mann genießt sie mit großer Schonung des Brodes entweder ganz oder zu einem Mus oder Brey. Man kocht sie in Wasser ab, zieht die äußere Schale ab und ißt sie mit Salz oder Butter oder Hering. Wenn man sie in Wasser mit Salz abkocht, in Scheiben schneidet und Essig und Baumöl [Olivenöl] darüber gießt, geben sie einen guten Salat ab."

Auch "werden die Tartoffeln, nachdem sie zuvor gekocht und die Haut abgezogen, auch das erste unreine Wasser abgegossen, auf Erbsen-Art präpariert und gegessen, und sind selbige fast wohl-schmeckender als die Erbsen [Trockenkocherbsen waren im 18. Jahrhundert Hauptnahrungsmittel].

Einige schaben die Haut vorhero ab, ehe sie gekocht werden, noch andere aber lassen die Haut darauf, waschen sie nur und kochen selbige, brechen sie hiernächst und säuren sie des Abends ein. Noch andere hingegen lassen die Tartoffeln im Back-Ofen nur gut dörren und reiben selbige durch ein Hand-Sieb zu Mehl - alsdann wird gegen ein Scheffel Tartoffelmehl nur ein Viertel-Scheffel Roggen-Mehl genommen, und solches dergestalt eingesäuret, wie es beym ordinären Brod-Backen gebräuchlich. Die Ausknetung des Teigs geschiehet des Morgens mit Roggenmehl, und das Roggenmehl mag noch so grob seyn wie es will, so wird das gebackene Brod dennoch weiß und wohlschmeckend."

Friedrichs Ökonomieberater Johann Georg Krünitz (1728-1796) schrieb 1785 in seiner 242 Bände umfassenden "Oekonomisch-technologischen Encyklopädie", warum es sinnvoll sei, dem Gesinde nur abends Kartoffeln zu essen zu geben: "Die Kartoffeln können alle und jede Fleischart, auch Fische vertragen. Sie haben überhaupt darin den Vorzug vor allen übrigen Kochspeisen, dass der gemeine Mann ihrer gar nicht überdrüssig wird und sie nicht nur alle Tage, sondern auch täglich mittags und abends gern isst. Man lasse es daher lieber an anderen Vorkosten fehlen, nur nicht an Kartoffeln. Sie sind gleichsam das Manna des gemeinen Mannes. Da das Gesinde aber bei dieser Art, die Kartoffeln sich bei Tisch selbst abzuschälen und zum Butterbrote zu essen, mehr Zeit gebraucht, müssen dieselben nicht des morgens oder mittags auf den Tisch kommen, weil das Gesinde, zum Nachteil der Arbeiten, zumal in kurzen Tagen, zu lange bei Tisch verweilen würde.

Da aber nach der Abendmahlzeit keine Arbeit auf dem Hofe mehr verrichtet wird, so kann diese Art, die Kartoffel zu essen, nur des abends stattfinden. Das Gesinde möchte zwar gern bei allen Tagesmahlzeiten nach der Suppe, Vorkost und Fleischspeise mit Kartoffeln die Mahlzeit beschließen, man muss aber nicht darein willigen, indem in kurzen Tagen eine ganze viertel Stunde bei solchen verlängerten Mahlzeiten einen gleichgültigen Verlust in der Wirtschaft verursachen kann".

Krünitz Enzyklopädie gehört zu den umfangreichsten Nachschlagewerken der Welt und ist auch heute noch für viele Wissensgebiete, wie für den Kartoffelbau, eine wichtige Informationsquelle.



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