Kartoffelgeschichte und -Geschichten

32. Wie kann sich der Kartoffelkäfer im Sinne des Pflanzenschutzes nützlich machen?

Der daumennagelgroße, schwarzgelb gestreifte Kartoffelkäfer (s. Fragen 25, 26, 27, 28) befällt duftorientiert die Kartoffelstauden und legt hier Eier ab, aus denen bald die noch gefräßigeren Larven schlüpfen. Wenn erst einmal ein Kartoffelkäfer da ist, kommen andere bald in Scharen nach, um ihren Reifefraß zu absolvieren und Eier abzulegen. Ihr ungemein gut entwickelter Geruchssinn bringt die Käfer rasch auf die richtige Duftspur. Immer dann, wenn ein Kartoffelblatt verletzt wird, etwa durch den Fraß eines Kartoffelkäfers, reagiert das Blatt mit der Bildung bestimmter Duftstoffe, die der Pflanze als Wundverschlussmittel dienen. Dieser Grünblattgeruch wird von anderen Käfern, die sich am Feldrand oder auf dem Nachbarfeld befinden, registriert. Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich und der Universität Gießen nutzen den empfindlichen Geruchssinn eines Kartoffelkäfers, um Kartoffelproduzenten vor einem drohenden Käferbefall zu warnen. Der Käfer wird zum Sensor umfunktioniert. Sobald der Kartoffelkäfer ein verletztes Blatt riecht, wird der Landwirt alarmiert und leitet die insektizide Bekämpfung ein. Der Vorteil ist, dass weder zu früh noch zu spät behandelt wird, sondern genau zu Befallsbeginn.

Aber ein Käfer als Sensor? Wie soll das gehen?
Die Wissenschaftler haben tatsächlich einen lebenden Kartoffelkäfer in einem kleinen Käfig auf einen Halbleiter-Chip gesetzt und die Messtechnik an den Fühler des Insekts angeschlossen. Im Fühler kommt das Geruchssignal nämlich zuerst an. Was wirklich geschieht, ist, dass der Käfer in seinen beiden Fühlern, den Insektenantennen, ganz bestimmte Eiweißstoffe hat, sogenannte Duftstoffrezeptoren, die ganz selektiv einzelne Duftmoleküle erkennen. Diese Rezeptoren lösen daraufhin einen elektrischen Impuls aus, der im Gehirn des Käfers und auf dem Chip, auf dem er sitzt, ausgewertet wird. Der Fühler muss dazu mit seiner Spitze in einer elektrisch leitenden Flüssigkeit hängen. Der Impuls verändert die Spannung in der Flüssigkeit und dieser Spannungssprung wird auf einen Transistor im Chip-Format übertragen. Man kann ihn dann verstärken und ein Alarmsignal erzeugen. Entscheidend ist, dass die Verbindung von Biologie und Elektronik, die Bionik, funktioniert. Künftig muss die Verbindung nicht mehr aus einem ganzen Käfer bestehen. Wenn man die entscheidenden Duftstoffrezeptoren in den Fühlern einmal identifiziert hat, will man nur diese Eiweiße mit der Elektronik kombinieren.



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