Die Kartoffel als Genussmittel und Heilpflanze

1. Was ist "Kartoffelgenuss"?

Man könnte die Frage mit Christian Friedrich Gellerts Lied "Zufriedenheit mit seinem Zustande" beantworten, in dessen vierter Strophe es heißt:

"Genieße, was dir Gott beschieden,
Ein jeder Stand hat seinen Frieden,
entbehre gern, was du nicht hast.
ein jeder Stand auch seine Last."

Damit will uns der Dichter sagen, dass in Lebenslagen, in denen jemand mit seinen Verhältnissen unzufrieden ist, weil er immer neue Ansprüche an das Leben hat und immer neue Genüsse sucht, eine Rückbesinnung auf die alltäglichen Freuden neue, unerwartete Genüsse offenbart. Wer Kartoffeln üblicherweise bei Tisch mechanisch in sich hineinschaufelt, um rasch wieder an seine Arbeit zu kommen, möge doch einmal in sich hineinhorchen und feststellen, welch wunderbar wohliges Sättigungsgefühl der Genuss dampfender Kartoffeln vermittelt. Die ursprüngliche Bedeutung von Genuss ist "Nutzen, Vorteil, Gewinn". So verstanden gibt es wohl kaum jemanden, der beim Essen der so vielseitig verwendbaren Kartoffelknolle nicht irgendeinen Genuss verspürt.

Fragt man Verbraucher, was in ihrer Ernährung wichtig ist, antworten 75 % mit ernährungsphysiologischen Argumenten (fettarm, vitamin- und mineralstoffreich und abwechslungsreich). Die restlichen 25 % betonen in der Ernährung Geschmack und Genuss. Fragt man aber, was den Menschen ein gutes Essen bedeutet, dann betonen 50 % die Freude am Genuss der Speisen und die andere Hälfte schwärmt für eine gemütliche Atmosphäre, einen schön gedeckten Tisch und vom Sattwerden. Ernährung ist das Wort für den Kopf, den Verstand (s. Kapitel 3), Essen steht für den Bauch, für den Genuss der Nahrung und das Wohlgefühl des Sattwerdens. Beide Bedürfnisse kann die Kartoffel befriedigen: Sie schmeckt allein sehr gut, passt sich aber auch an und bringt das Aroma von Gemüse, Fleisch und Saucen erst so recht zur Geltung, so dass sie erst durch die Kartoffel zum Genuss werden.



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