Die Kartoffel in der Ernährung:
Die Ernährungsgewohnheiten

5. Wie kann man sich mit Kartoffeln vollwertig ernähren?

Wenn Erwachsene mit vorwiegend sitzender Tätigkeit mehr als 55 % ihrer Tagesenergie von 2400 kcal mit Kohlenhydraten und weniger als 30 % mit Fett aufnehmen, ernähren sie sich vollwertig. Das entspricht etwa 300 g Kohlenhydraten oder 2000 g Kartoffeln. Allerdings müssen die Mineralstoffe Kalzium und Jod, die die Kartoffel in vergleichsweise geringer Menge enthält (s. Frage 8), ergänzt werden. Die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Aufrechterhaltung der Schilddrüsenfunktion empfohlene Jodmenge liegt bei 200 Mikrogramm pro Tag. Davon kann man vielleicht 60 Mikrogramm mit den täglichen Speisen aufnehmen. Der Rest muss mit jodiertem Speisesalz, mit dem man die Kartoffeln würzt oder mit dem besonders jodhaltigen Seefisch aufgenommen werden. Allein mit pflanzlichen Nahrungsmitteln gelingt eine Vollversorgung mit diesem Mineral nicht, da infolge der eiszeitlichen Ausschwemmung von Jod und anderen Mineralien ins Meer die Ackerböden an Jod verarmt sind. Daher können auch unsere Nahrungspflanzen nicht viel Jod enthalten. Der Pflanze schadet das nicht, da Jod für sie kein Nährstoff ist.

Während des Wachstums sollten Kinder und Jugendliche zur gesunden Entwicklung von Knochen und Zähnen täglich 1,5 g Kalzium aufnehmen. Für Erwachsene reichen 0,5 g Kalzium/Tag. Wer seinen Kalziumbedarf nur zur Hälfte mit Kartoffeln decken wollte, müßte täglich 2,5 kg Kartoffeln essen. Weil auch andere pflanzliche Nahrungsmittel (abgesehen von Brunnenkresse und Grünkohl) zuwenig Kalzium enthalten, decken die Menschen in den westlichen Industrieländern den größten Teil ihres Kalziumbedarfs mit Milch und Milchprodukten. Sie enthalten nicht nur höhere Konzentrationen an Kalzium als pflanzliche Lebensmittel, sondern der Körper kann dieses Kalzium auch besser verwerten als solches aus pflanzlichen Lebensmitteln.

Asiaten, die wegen ihrer genetisch bedingten Milchzuckerunverträglichkeit keine Milch vertragen und dennoch nicht an Osteoporose (Knochenbrüchigkeit) leiden, können aus Blattgemüse mehr Kalzium aufnehmen, weil infolge der stärkeren Sonneneinstrahlung im Vergleich zu Mittel- und Nordeuropa in der Haut mehr Vitamin D gebildet wird, das das Kalzium pflanzlicher Herkunft besser bioverfügbar macht.

Wie decken die kartoffelessenden Indios in den südamerikanischen Anden ihren Kalziumbedarf? Da sie ihre Lamas nicht melken, benötigen sie Kalzium pflanzlicher Herkunft. Die Aymara, die südlich des Titicacasees leben, verwenden dazu das alte Inkagetreide Amaranth (Amaranthus cruentus), das 308 mg Kalzium/100 g enthält, die Ketschua hingegen, das alte Staatsvolk des Inkareiches, essen heute keinen Amaranth mehr. Sie decken ihren Kalziumbedarf durch das Kauen von Cocablättern, die mit einer kalkhaltigen Asche bestreut werden. Kalziummangelkrankheiten wie Rhachitis und Osteoporose treten aber trotzdem bei den Bewohnern der bolivianischen und peruanischen Andentäler verbreitet auf.- In Afrika und Indien wird zur Sicherung der Kalziumversorgung viel Sesam (Sesamum indicum) gegessen; die Körner enthalten 783 mg Kalzium/100 g.

Wer in Deutschland ein vollwertiges Essen mit Kartoffeln auf den Tisch bringen will, kann z.B. Kartoffelpürée, gewürzt mit jodiertem Kochsalz, angerührt mit Milch und Butter und bestreut mit Amaranthflocken servieren. Dazu schmeckt als Fleischbeilage Bratwurst und als Gemüsebeilage Brokkoli oder ein Blattsalat.

In der österreichischen und böhmischen Volksküche haben sich die Kartoffel und der Backmohn (Papaver somniferum), der mit 1.440 mg Kalzium/100 g besonders viel von diesem Mineralstoff enthält, schon lange in Form von Mohnknödeln, Mohnnudeln oder Mohnsterz gefunden. Ernährungsphysiologisch ergänzen sich beide, auch was den Fettgehalt angeht, sehr gut.



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