5 - Kartoffeleinkauf

21. Wie können sich Erzeuger und Händler von Kartoffeln gegen Preisschwankungen absichern?

(s. Frage 15)

Warentermingeschäfte waren in Deutschland zwischen 1896 und 1985 verboten. Seit 1997 gibt es auch in Deutschland wieder staatlich zugelassene und geförderte Warenterminbörsen. Durch Teilnahme an der Warenterminbörse (WTB Amsterdam und Hannover) lässt sich ohne Austausch von Ware, allein mit dem Handel von Terminverträgen, eine Absicherung gegen Preisänderungen auf dem Kartoffelmarkt (= Kassamarkt) oder auch ein Spekulationsgewinn erzielen. Der Marktteilnehmer bzw. der Spekulant wendet sich an einen Börsenmakler, der ihn über die Marktlage und die Preise für Terminkontrakte unterrichtet und seinen Kauf- bzw. Verkaufsauftrag entgegennimmt.

Möchte ein Landwirt oder Händler eine bestimmte Menge Kartoffeln, die er eingelagert hat, gegen eine Preisänderung absichern, so verkauft er einen Terminkontrakt. Soll der Kartoffelverkauf z.B. im April des folgenden Jahres stattfinden, so wird er bereits am 15. Oktober des Vorjahres, also zur Erntezeit, einen Kartoffelterminkontrakt mit Fälligkeit April, der beispielsweise für 180 DM/t gehandelt wird, verkaufen. Verkauft nun der Landwirt oder Händler seine Ware nur für 130 DM/t, so muss er zur gleichen Zeit seinen im Oktober für 180 DM/t verkauften Terminkontrakt für 130 DM/t zurückkaufen ("glattstellen" heißt es in der Börsensprache). Er hat also an der Warenterminbörse einen Gewinn von 50 DM/t erzielt. Zusammen mit dem Erlös für die Kartoffeln von 130 DM/t erzielt er für die Ware den gewünschten Preis von 130 DM/t + 50 DM/t = 180 DM/t. Der Preisverfall für Speisekartoffeln von Oktober bis April hat sich also nicht negativ auf den Verkaufspreis ausgewirkt.

Vorgesehen für den Kontrakthandel sind für das Startjahr 1998 der WTB Hannover Speisekartoffelsorten, die mindestens 3 % der deutschen Vermehrungsfläche in der amtlichen Pflanzgutanerkennung einnehmen. Die Sortierung ist mit 35/65 mm vorgesehen, ohne Entnahme von Zwischengrößen. Ein Kontrakt umfasst 25 Tonnen, Handelsklasse I, hellschalig nach WTB-Farbskale, ungewaschen und Herkunft aus einem EU-Land.- Zu beachten ist, dass an der Börse keine Ware, sondern nur Lieferversprechen gehandelt werden.

Bedingt durch Regen und Frost führten Ertragsausfälle 1998 in Europa zu einer knappen Marktversorgung. Die Kurse kletterten daraufhin an den Terminbörsen in Hannover für den Verkaufstermin "April 1999" auf bis zu 550 DM/t, in Amsterdam auf 850 DM/t und in London sogar auf 1000 DM/t.

Der Kassamarkt reagierte in Deutschland stark verzögert auf diese Situation. Die Preisdifferenz zwischen den Börsenkursen und den regionalen Kartoffelmärkten betrug zwischenzeitlich 200 DM/t. Ausgelöst durch die ständig steigenden Börsenkurse hielten die Kartoffelproduzenten ihre Ware im Lager zurück, wodurch die Preise am Kassamarkt in kurzer Zeit auf 400 bis 450 DM/t für die Börsensorten Solara, Secura und Quarta stiegen. Agria überstieg dieses Niveau noch, da Kartoffeln für Pommes-frites-Herstellung 1998/99 besonders knapp waren.

Da Börsengewinne ab 1999 besteuert werden, stehen viele Kartoffelerzeuger der Einrichtung abwartend gegenüber. Aber nur, wenn viele Landwirte und Händler ihre Kartoffelpreise an der Börse absichern, hat eine Warenterminbörse auch Bestand.



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