Die Kartoffel auf dem Acker:
Der P f l a n z e n s c h u t z

47. Was sind Zystennematoden und wie kann man die Kartoffel vor Befall schützen?

Nematoden sind bodenbewohnende winzige Fadenwürmer, die an Kartoffelwurzeln saugen. Die weiblichen Nematoden formen sich nach der Begattung zu retortenförmigen stecknadelkopfgroßen Eibehältern um, die Zysten genannt werden. Aus ihnen schlüpfen in den folgenden Jahren die Nematodenlarven und besaugen erneut Kartoffelwurzeln. Das Auftreten und die Verbreitung der Nematoden wird durch eine zu enge Fruchtfolge gefördert. Bei bereits vorhandenem geringen Nematodenbesatz ist ein Anbau der Kartoffel höchstens alle vier Jahre, besser nur alle fünf Jahre, auf dem gleichen Feld zu empfehlen. Bei nur dreijährigem Abstand in der Fruchtfolge vermehren sich die Nematoden um das 20- bis 30-fache der normalen Vermehrungsrate.

In Deutschland kommen zwei verschiedene Arten von Kartoffelzystennematoden vor, der Gelbe (Globodera rostochiensis), der bereits 1853 in dem Kartoffelland Mecklenburg bei Rostock aufgetreten ist und der Weiße (Globodera pallida), der 1980 mit Pflanzgut aus England und Holland eingeschleppt wurde. Die für die jeweilige Art typische Farbe - gelb oder weiß - haben die Zysten im Jugendstadium. Reife Zysten sind unterschiedslos braun. Der Gelbe Kartoffelnematode kommt in fünf Pathotypen (Ro 1 - 5) vor. Pathotypen können mit Hilfe von bestimmten "Virulenzgenen" Abwehrbarrieren überwinden, die die Kartoffel mit Hilfe von bestimmten "Resistenzgenen" aufgebaut hat. In Deutschland ist der Pathotyp Ro 1 am stärksten verbreitet. Er kommt überall dort vor, wo über viele Jahre Ro1-anfällige Sorten angebaut worden sind. Weil gegen diesen Typ mittlerweile über 70 % der Sorten von den Kartoffelzüchtern mit den entsprechenden Resistenzgenen ausgestattet wurden, sind durch den verbreiteten Anbau der Ro-1-resistenten Sorten die resistenzüberwindenden virulenten Nematoden-Pathotypen Ro 2, 3 und 5 selektiert worden. Die Resistenzen gegen diese Pathotypen sind daher unter den Kartoffelsorten noch nicht so häufig vertreten. Die Ro-1-Resistenz wirkt auch gegen Ro 4. Die erste Ro-1-resistente Sorte war Antinema, die 1961 für die Saatzucht Carl Raddatz-Hufenberg zugelassen wurde. Der Weiße Kartoffelnematode kommt bislang in drei Pathotypen (Pa 1 - 3) vor. Besonders aggressiv sind Pa 2 und 3. Eine Resistenz besitzen erst sehr wenige Sorten, vor allem Stärkesorten (z.B. Pallina).

Kartoffelsorten, die nur gegen eine Nematodenrasse resistent sind, werden mit dem Buchstaben "N", solche mit Resistenzen gegen zwei oder mehr Pathotypen, mit "NN" gekennzeichnet. So ist z.B die Sorte Renate N nur gegen Ro 1 resistent, während Arnika NN eine umfassende Resistenz gegen Ro 1 - 5 besitzt. Gäbe es keine nematodenresistenten Sorten, müßte man auf den Befallsflächen für mindestens acht Jahre den Kartoffelanbau einstellen. Aber auch bei längerer Anbauunterbrechung läßt sich ein Nematodenbefall nie mehr vollständig tilgen, weil es nach dreißig bis vierzig Jahren immer noch einige Zysten gibt, die infektionsfähige Larven enthalten. Daher sollte man auch bei Anbau resistenter Sorten eine mindestens vierjährige Anbaupause einhalten, damit nicht ein (neuer) virulenter Pathotyp entsteht. Nur wenn es die benötigte Nematodenresistenz bei den angebauten Sorten nicht gibt, und andere resistente Sorten nicht in der gewünschten Verwertungsrichtung zur Verfügung stehen, ist die teure Anwendung von Nematiziden sinnvoll (s. Frage 49).

1994 und 1996 sind im Südosten Hollands Kartoffeln von zwei Arten des Wurzelgallenälchens (Meloidogyne chitwoodi und M. fallax) befallen und geschädigt worden. Eine Einschleppung und Verbreitung dieser neuen "Quarantäneschädlinge" mit holländischen Pflanzkartoffeln nach Deutschland muß befürchtet werden, zumal sich diese Nematoden lange Zeit unentdeckt an Maiswurzeln vermehren können.



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