Die Kartoffel auf dem Acker:
PHYSIOLOGIE

7. Welchen Einfluss hat die Tageslänge auf die Entwicklung der Kartoffel?

Da die heute weltweit angebaute Kulturpflanze Kartoffel aus der vielfachen Verkreuzung einer an kurze Tage (unter 14 Stunden Tageslänge) und lange Tage (über 14 Stunden Tageslänge) angepassten Kartoffelart hervorgegangen ist (s. Frage 2), findet man unter den heute angebauten Sorten alle Übergänge zwischen Kurztags- und Langtagsverhalten.

Unsere mitteleuropäischen Kartoffelsorten sind hinsichtlich ihrer Blütenbildung meist Langtagspflanzen. Das heißt, je länger die tägliche Belichtung nach dem Aufgang ist, umso früher und reichlicher blühen die Stauden. Gleichzeitig wachsen die Ausläufer in die Länge und setzen Knollen an (s. Fragen 4 und 5). Die Zeit der langen Tage mit über 14 Stunden Licht beginnt im Frühjahr um Mitte April und endet um Mitte August. Kartoffelsorten aus den äquatornahen Kurztagszonen, wie Peru, entwickeln im mitteleuropäischen Langtag oft meterlange Ausläufer, die sich zu oberirdischen Laubtrieben entwickeln können, an denen ergrünte "Luftknollen" wachsen (s. Kap. 1, Frage 12). Im 19. Jahrhundert galt eine Kartoffelpflanze als ertragreich, wenn sie etwa 300 Knollen gebildet hatte. Heutige Sorten tragen maximal 30 Knollen. Die Reifezeit war damals sehr spät, im Oktober und November, was auf die äquatornahe Herkunft der damals angebauten Sorten hinweist. Denn Kurztags-Kartoffeln warten mit der Knollenbildung bis zum Herbst, wenn die Tage kürzer werden. Erst in den 1920er Jahren hat man festgestellt, dass die Knollenbildung von der Tageslänge abhängt.

Frühkartoffeln sind optimal an die in Mitteleuropa herrschenden Tageslichtverhältnisse angepasst:
Sobald sie in die langen Tage ab Anfang April hineinwachsen, beginnen sie mit Blüte und Knollenbildung. Spätreifende Kartoffelsorten hingegen wachsen während des gesamten Langtagssommers rein vegetativ und bilden erst vergleichsweise spät, bei zurückgehender Tageslänge ab Anfang August Blüten und Knollen aus. Zwischen diesen beiden extremen Sortentypen liegen viele andere Sorten mit einem abgestuften Tageslichtlängenbedarf und mittleren Reifezeiten.

Frühkartoffelsorten, die man in milden spätfrostfreien Lagen, eventuell unter Folie, schon Ende Februar bis Anfang März pflanzt, ermöglichen besonders frühe Ernten bereits ab Mitte Mai. Pflanzkartoffeln von derartigen Frühpflanzungen lassen im Folgejahr eine "photoperiodische" Nachwirkung erkennen, indem sie sehr früh ihre Knollen ansetzen. Dieser Erkenntnis kommt große wirtschaftliche Bedeutung für den Frühkartoffelanbau zu (s. Fragen 8 und 9). Da Frühkartoffelsorten allerdings eine wesentlich kürzere Wachstumszeit von maximal zwei Monaten zwischen Pflanzen und einsetzender Knollenbildung zur Verfügung steht als späten Sorten, die bis zur Knollenbildung drei bis vier Monate Wachstumszeit haben, sind die Erträge von frühen Sorten entsprechend geringer.



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